Feministischer Leseclub Frauenstudien München e.V.

Nachbericht von Barbara Streidl

Die Buchhandlung Buch & Bohne am Münchner Goetheplatz war gesteckt voll: Luise F. Pusch hat viele Fans! In ihrem Einführungsvortrag, den wir auf Video mitgeschnitten haben, erzählt sie, wie sie selbst über die Zusammenarbeit mit Senta Trömel-Plötz zur Feministischen Linguistik gekommen ist. Die Analyse des Deutschen, eines Sprachsystems, das Frauen benachteiligt, ist ihr schnell zur Herzensangelegenheit geworden.

Männlich dominant: Eine „Gruppe von zehn Sängern“ kann aus neun Sängerinnen und einem Sänger bestehen

Ursprünglich kam die Feministische Linguistik aus der Schwarzenbewegung in den USA: Als klar wurde, dass Begriffe wie „nigger“ oder „boy“ diskriminierend sind, fühlten sich viele Frauen auch mit Bezeichnungen wie „girl“ diskriminiert. Gemeinsam mit Senta Trömel-Plötz teilte Luise F. Pusch die Feministische Linguistik in zwei Bereiche auf: Trömel-Plötz spezialisierte sich auf die Gesprächsanalyse (ihr Buch „Frauensprache. Sprache der Veränderung“ erschien 1982), Pusch auf das linguistische System; ihr Buch „Das Deutsche als Frauensprache“ erschien 1984.

Der Fall einer renommierten und „normalen“ Linguistin

Und obwohl beide an der Reformuniversität in Konstanz lehrten und forschten, erfuhren sie durch die Arbeit an der Feministischen Linguistik heftigen Gegenwind aus dem eigenen Fachgebiet: Einladungen zu Fachveranstaltungen, die zuvor zahlreich waren, blieben plötzlich aus, schließlich verliefen auch Bewerbungen im Sande. Luise F. Pusch musste ihren Beruf als Professorin im Hochschulumfeld an den Nagel hängen – seitdem forscht sie privat.

In der Diskussion wurde u. a. über die relativ neue Schreibweise mit dem Sternchen gesprochen: „Lehrer*innen“ (um eine Personengruppe zu beschreiben, die aus verschiedenen Menschen unterschiedlichen nicht genannten Geschlechts, Frauen, Männer, Trans- und Intersexuellen besteht). Eine Anwesende störte sich daran, dass eine gesellschaftliche Minderheit durch das * so in den Vordergrund rücke, die Binnen-I-Schreibweise „LehrerInnen“ würde die Geschlechtervielfalt doch längst abbilden.

Pusch wies darauf hin, dass die aus der Queer-Bewegung kommende *-Schreibweise eben keine linguistische sei. Sonst hätte das Sternchen schon am Wortstamm, noch vor der maskulinen Form, ansetzen müssen: „Lehr*innen“. Sie selbst findet das generische Femininum günstiger, ebenso wie ihre „Pink Solution“: Ähnlich wie die Sängerin P!nk das „i“ in ihrem Namen durch ein Ausrufungszeichen ersetzt, könnte die Geschlechtervielfalt durch derlei Zeichen sichtbar gemacht werden: als „Lehrer!nnen“.

Gesprochen wurde auch über Lann Hornscheidt, vormals Antje Hornscheidt, Professx für Gender Studies und Sprachhandeln, und deren Entscheidung, sich künftig Professx und nicht Professor oder Professorin zu nennen, um die Zweigeschlechtlichkeit zu vermeiden.

Am Ende brachte Luise F. Pusch ihr Anliegen noch einmal auf den Punkt: Wir haben ein Recht auf eine bequeme und gerechte Sprache. Das Deutsche ist bequem – aber Frauen gegenüber ungerecht. Alle bisherigen Versuche, unsere Sprache gerechter zu machen, würden allerdings von der Mehrheit als unbequem empfunden. Sie befürwortet als Lösung einen politischen Beschluss.

Zum Weiterdenken:

Über die Autorin Luise F. Pusch

Luise F. Pusch1944 in Gütersloh geboren, ist seit 1985 publizistisch tätig. Neben dem frauenbiografischen Webportal fembio.org hat sie zahlreiche Bücher auf dem Gebiet der feministischen Linguistik und der Frauenbiografieforschung veröffentlicht.

Der Abend wurde moderiert von Barbara Streidl.

Die Veranstaltung fand in Kooperation mit der Gleichstellungsstelle für Frauen der Landeshauptstadt München statt.

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